Umweltprojekte
Earth Engine-Karte, die den Verlust unserer Wälder zeigt
2005 erfuhr die Google-Entwicklerin Rebecca Moore von einer geplanten Abholzung in der Nähe ihres Wohnorts in den Santa Cruz Mountains. Die Mitteilung enthielt eine unscharfe Schwarz-Weiß-Karte des Gebiets, durch die nicht mal ansatzweise ausgedrückt wurde, wie bedenklich dieser Plan wirklich war. Weil sie damit nicht zufrieden war, beschloss sie, eine [neue Karte] zu erstellen, die (https://www.youtube.com/watch?v=0-_I-0Mv2DI&feature=youtu.be), bei der Einzelheiten des Abholzungsplans über die 3D-Satellitenbilder in Google Earth gelegt wurden. Nun wurde klar, was tatsächlich auf dem Spiel stand: wo genau die 400 Hektar Wald abgeholzt werden sollten und welche Bedrohung dies für die Gewässer und die Küstenmammutbäume bedeutete. Die Karte zeigte sogar die engen Fahrwege für die Rodungsfahrzeuge, die sich dazu noch in der Nähe von Schulwegen befanden.
Durch diese Karte wurde die Gemeinde mobilisiert und eine genaue Untersuchung führte schließlich dazu, dass die kalifornische Forstbehörde die Pläne stoppte. Dieser Erfolg animierte Rebecca Moore und das Google Earth-Team dazu, weiterzumachen und sich größeren Herausforderungen zu stellen: Wenn die Auswirkungen auf ein einzelnes Gebiet so schnell und wirkungsvoll visualisiert werden können, könnte dann auch die globale Veränderung der Waldflächen detailliert dargestellt werden?
Bis 2013 lautete die Antwort: Nein. Naturschützer versuchten schon lange, auf den Verlust der Waldbestände aufmerksam zu machen. Das war allerdings schwierig, denn die Faktoren der Entwaldung sind komplex, und die vorhandenen Informationen waren meist ungenau, unvollständig oder veraltet. Es gab zwar schon lange NASA-Satellitenbilder der Waldflächen, aber sie waren weder hochauflösend noch global einheitlich, und diejenigen, die sie am dringendsten benötigten – zum Beispiel Aktivisten in tropischen Regionen oder Umweltschutzorganisationen – hatten einfach nicht die nötige Hardware dafür.
Was fehlte, war eine Plattform, auf der man auch ohne großen technischen Aufwand auf die Bilder zugreifen konnte. Auf der UN-Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen nahm diese Idee Gestalt an, als ein Team unter der Leitung von Rebecca Moore "Google Earth Engine" vorstellte: einen Prototyp, mit dem auf der Grundlage der Daten-, Speicher- und Rechenleistung von Google globale Datensätze wie beispielsweise die NASA-Bilder analysiert und so "Veränderungen der Waldflächen in Sekundenschnelle"1 visualisiert werden könnten.
Dies weckte das Interesse von Matt Hansen, einem Wissenschaftler für Fernerkundung an der Universität Maryland, der mittlerweile einer der wichtigsten Mitarbeiter des Projekts ist. Matt Hansen erinnert sich, dass Karten der Erdoberfläche vor diesem Projekt meistens verschwommen und unscharf2 waren. Er war fasziniert vom Potenzial des Earth Engine-Prototyps und tat sich mit den Google-Entwicklern zusammen, um die Plattform direkt zu testen – in einem Landstrich, der eine absolute Herausforderung war und daher repräsentativ. Sie entschieden sich für Mexiko, wo zu dieser Zeit gerade Google Earth Outreach gestartet wurde. Das Ergebnis war eine Waldflächenkarte des gesamten Landes, deren 30-Meter-Auflösung tausendmal schärfer war als alle bisherigen Karten. Danach stand für das Team fest, dass sie den gesamten Globus kartografieren wollten.
Der entscheidende Faktor hierbei war die Cloud. Das Erstellen einer hochauflösenden Karte der gesamten Landoberfläche der Erde erfordert Tausende Terabyte an Datenverarbeitung. Dafür ist eine viel größere Rechenleistung nötig, als sie ein einzelner Computer leisten könnte. Für die globale Waldkarte wurde bei Earth Engine ein Netzwerk aus cloudbasierten Servern verwendet, um 650.000 Bilder auf 10.000 Computern gleichzeitig zu verarbeiten.3 Ein einzelner Computer hätte dafür 15 Jahre gebraucht. Earth Engine schaffte es in wenigen Tagen. "Die enorme Rechenleistung", erinnert sich Rebecca Moore, "brachte selbst die Google-Server ins Schwitzen."4
Das Ergebnis war ein Meilenstein der Geografie. In Zusammenarbeit mit der Universität Maryland erstellte Google eine Art Karte, die es bislang nicht gab. Sie bildete detailliert und in Hochauflösung ab, wie sich die Waldflächen weltweit veränderten. Die Plattform wurde 2013 in einem Artikel in der Fachzeitschrift Science vorgestellt und erntete viel Lob. Wegen der systematischen Mapping-Technik wurde sie etwa als "Humangenomprojekt für die Ökosysteme der Welt" bezeichnet.
Seit der Präsentation des Prototyps hat das Earth Engine-Team tropischen Regionen Unterstützung beim Waldmonitoring zugesagt.6 Um dieses Versprechen einzuhalten, arbeitet es mit Global Forest Watch (GFW) zusammen, einem Netzwerk des World Resources Institute. Bei der Erstellung einer noch umfassenderen Karte mithilfe der Daten, die GFW zu Abholzungen auf der ganzen Welt gesammelt hatte, zeigten sich bisher noch unbekannte Brennpunkte – darunter Madagaskar, mehrere westafrikanische Länder, die Mekong-Region in Südostasien und die Gran Chaco-Region in Südamerika. Naturschützer stellten außerdem überrascht fest, dass Brasilien 2012 von Indonesien als Hauptverursacher der Regenwaldabholzung überholt worden war.
GFW stellt diese Erkenntnisse auf internationalen Klimakonferenzen vor, überwacht und analysiert die Entwicklung und arbeitet direkt mit den Betroffenen zusammen. So hilft GFW beispielsweise dabei, Unternehmen wie United Cacao daran zu erinnern, dass sie sich dazu verpflichtet haben, nachhaltig zu operieren. Auch Waldschutzgesetze werden auf den Weg gebracht, darunter ein Gesetzentwurf zum Schutz der Mangrovenwälder auf den Philippinen oder ein Vertrag, mit dem man illegale Brandrodung in Indonesien bekämpfen will.
Eine der größten Stärken von GFW ist Schnelligkeit. Dank Cloud-Computing sind die Daten äußerst aktuell und kommen nahezu in Echtzeit rein und das Team ist in der Lage, sie in Echtzeit zu gewinnen. 2016 startete GFW eine neue Initiative namens GLAD (Global Land Analysis & Discovery), die aktuelle Warnungen zum Verlust von Waldbeständen liefert. In einigen Testgebieten kann GLAD Waldverluste schon jetzt – innerhalb von nur wenigen Wochen – sichtbar machen. Zuvor wurden diese oft erst nach Jahren entdeckt, also lange nachdem der Schaden angerichtet war. Künftig soll die Initiative auf alle tropischen Regenwälder weltweit ausgeweitet werden. Durch diese Geschwindigkeit und die hohe Auflösung, mit der man jede noch so kleine Aktivität erkennen kann, haben Forstverwaltungen und Strafverfolgungsbehörden eine echte Chance, bedrohte Wälder zu schützen.
1 http://blog.google.org/2009/12/earth-engine-powered-by-google.html
2 http://america.aljazeera.com/articles/2013/11/14/scientists-googlecreatehighresmapofchangesinworldsforests.html
3 Die Bilder stammen von Satellitenaufnahmen aus zwölf Jahren; die erste Karte verzeichnete Waldveränderungen von 2000 bis 2012. Der vollständige Landsat-Katalog in Earth Engine umfasst Bilder aus mehr als 40 Jahren.
4 http://www.nytimes.com/2013/11/15/science/earth/new-interactive-tool-helps-track-earths-forests.html?_r=0
5 http://www.nytimes.com/2013/11/15/science/earth/new-interactive-tool-helps-track-earths-forests.html?_r=0
6 http://blog.google.org/2009/12/earth-engine-powered-by-google.html
Weiterführende Literatur
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Februar 2014
Wälder in nahezu Echtzeit überwachen
Global Forest Watch kombiniert Satellitentechnologie, frei zugängliche Daten und Crowdsourcing, um den Zugriff auf aktuelle und zuverlässige Informationen über Wälder zu ermöglichen.
Weitere Informationen -
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November 2013
Kartieren der Entwaldung unserer Welt im Laufe der Zeit
Wir freuen uns, heute bekanntgeben zu können, dass wir in Zusammenarbeit mit und unter Leitung von Dr. Matthew Hansen von der University of Maryland die ersten detaillierten Karten der Wälder unserer Welt erstellt haben. Darauf dokumentieren und quantifizieren wir die Veränderungen der Waldlandschaft durch Brände, Tornados, Krankheit und Abholzung von 2000 bis 2012.
Weitere Informationen -
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Global Forest Watch-Website
Global Forest Watch (GFW) ist ein interaktives Beobachtungs- und Warnsystem für Wälder, das Menschen überall auf der Welt mit Informationen versorgt, um Wälder besser pflegen und erhalten zu können.
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