Projekte für eine verantwortungsbewusste Lieferkette

Keine Abhängigkeit vom Bergbau: neue wirtschaftliche Chancen im Kongo mithilfe von sauberer Energie

Oktober 2018
Sonnenuntergang über dem Kongo

Google arbeitet zusammen mit Gemeinden und Behörden daran, einen verantwortungsvollen Abbau von Rohstoffen voranzutreiben. Zusätzlich kümmern wir uns im Rahmen anderer Projekte darum, dass den Menschen vor Ort auch noch andere Beschäftigungsmöglichkeiten offenstehen.

Wir arbeiten mit diversen lokalen und internationalen Partnern, Stakeholdern und Forschern zusammen, um die wirtschaftlichen Möglichkeiten in kongolesischen Gemeinden durch saubere Energie zu unterstützen und zu fördern.

Der Kongo ist flächenmäßig das elftgrößte Land der Welt mit einer Bevölkerung von schätzungsweise 84 Millionen Menschen. Er hat reiche Vorkommen an Kupfer, Diamanten, Zinn, Tantal, Wolfram, Kobalt und Gold – wichtige Elemente für die Elektronikbranche. Doch die Energieversorgung im Kongo ist alles andere als gesichert. Das Land hat äußerst niedrige Elektrifizierungsraten: 19 % in Städten, nur 1 % in ländlichen Gegenden und 9 % insgesamt.

Bei der Energieversorgung geht es nicht nur um elektrisches Licht. Dadurch eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten: In Entwicklungsländern kann eine gesicherte Energieversorgung für ein höheres Bildungsniveau, bessere wirtschaftliche Chancen und eine größere soziale Gerechtigkeit sorgen.

Die Einwohner von Ma Noire besprechen wichtige Entwicklungsprojekte. Die Gemeinde versucht, sich aus der Abhängigkeit vom Goldbergbau zu befreien und sich anderweitig zu orientieren.
Die Einwohner von Ma Noire besprechen wichtige Entwicklungsprojekte. Die Gemeinde versucht, sich aus der Abhängigkeit vom Goldbergbau zu befreien und sich anderweitig zu orientieren.

Die fehlende Energieversorgung schränkt die Arbeitsmöglichkeiten im Kongo stark ein, daher sind viele kongolesische Gemeinden vom Bergbau abhängig. Einige Wolfram-, Zinn- und Tantalminen haben die Transparenz ihrer Lieferkette und ihre Sorgfaltspflicht deutlich verbessert, doch zahlreiche mit einfachen Mitteln betriebenen Goldminen werden von anderen – häufig gegnerischen – bewaffneten Gruppen kontrolliert, die zu der Gewalt im Land beitragen.

Wie fast alle Unterhaltungselektronikartikel enthalten auch viele Google-Produkte verschiedene Metalle, einschließlich Tantal, Zinn, Wolfram und Gold (aufgrund der englischen Bezeichnungen "tantalum, tin, tungsten, gold" auch 3TG genannt). Diese Metalle werden in Minen auf der ganzen Welt abgebaut. Die 3TG-Metalle werden auch "Konfliktmineralien" genannt, weil für einen Teil der internationalen Lieferkette der Kongo und seine Anrainerstaaten verantwortlich sind. Dort wird aber seit Jahrzehnten ein erbitterter Bürgerkrieg geführt. Da verschiedene Gruppen um die Kontrolle über die Minen und Handelsrouten für diese Rohstoffe kämpfen, hat sich der Konflikt weiter verschärft.

Ausbaufähige Projekte ebnen den Weg

Wir wissen, dass es keine schnelle Lösung für diese Probleme gibt. Die Geschichte und unsere eigenen Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Gemeinden weltweit haben uns gelehrt, dass Veränderungen im Umweltschutz und in der wirtschaftlichen Entwicklung im Kongo ihre Zeit brauchen werden. Da ist viel Geduld erforderlich. Außerdem müssen diese Veränderungen von den kongolesischen Partnern in ihren Gemeinden ausgehen und durch bessere Strukturen in den Energie- und Wirtschaftssektoren unterstützt werden.

Werden Veränderungen zu schnell vorangetrieben oder die komplexen sozialen und politischen Faktoren außer Acht gelassen, könnte dies negative Folgen haben. Aus diesem Grund unterstützen wir mit unserer Initiative "Congo Power", die wir Ende 2017 ins Leben gerufen haben, die Bemühungen der Gemeinden mit übersichtlichen, aber ausbaufähigen Maßnahmen.

Als Erstes sind wir in den Kongo gereist, um uns ein Bild vom Energiepotenzial zu machen. Anschließend haben wir umfassende Feldforschung betrieben, um potenzielle Projekte zu ermitteln und auszuwerten, mit denen wir Kongolesen in Bergbaugemeinden unterstützen könnten. Inzwischen haben wir erste Pilotprojekte entworfen, die bald starten sollen.

Die Pilotprojekte im Rahmen von Congo Power lassen sich drei Kategorien zuordnen: Energieversorgungslösungen zur Unterstützung von Einzelpersonen wie Aufsichtspersonen und Minenarbeitern, Microgrids für Gemeinden und bestimmte kommerzielle, industrielle und landwirtschaftliche Zwecke sowie die gestaffelte Unterstützung und fortlaufende Förderung in Form von Geldmitteln und technischem Fachwissen für die regionale Elektrifizierung.

Eine Gruppe sitzt an einem Tisch und zeichnet Goldtransaktionen auf, um die Rückverfolgbarkeit zu unterstützen.
Geräte zur Aufzeichnung von Goldtransaktionen lassen sich mit Solarenergie betreiben. Anhand der Aufzeichnungen können später einzelne Transaktionen zurückverfolgt werden.

Was wäre, wenn man Solarenergie mit den neuesten Speichertechnologien kombinieren könnte? Die daraus entstehenden Microgrids würden die benötigten erneuerbaren Energien liefern, mit denen sich dann die Wirtschaft ankurbeln ließe. Auf diese Weise könnten landwirtschaftliche Geräte, Gefrierschränke, WLANs, Wasserreinigungssysteme und andere von den Kongolesen benötigte Geräte betrieben und damit alternative Beschäftigungsmöglichkeiten zum Bergbau angeboten werden. Microgrids schaffen aber nicht nur wirtschaftliche Alternativen zum Bergbau – auch von Frauen geführte Unternehmen lassen sich dadurch gezielt unterstützen. All diese Möglichkeiten würden zu einer tatsächlichen Veränderung führen.

Ein Projektvorschlag betrifft die Bergbaugemeinde Ma Noire in der Provinz Nord-Kivu. Dort arbeiteten die meisten Einwohner in Minen, die mit einfachen Mitteln betrieben wurden. Seit in der Nähe die erste industrielle Zinnmine des Kongos in Betrieb genommen wurde, hat sich die Gemeinde drastisch verändert. Mithilfe einer ausreichenden Energieversorgung könnte es aber möglich sein, die Lebensqualität und die Lebensgrundlage in Ma Noire zu verbessern sowie die Einstellung der Zulieferer zu verändern. Wir haben mit den Betroffenen vor Ort lange Gespräche geführt, um ihre Bedürfnisse zu verstehen. Unser Vorschlag ist ein kleines Microgrid-System, bei dem regionale Kunden für den Strom ihrer Häuser und Kleinunternehmen zahlen und im Gegenzug kostenloses WLAN und Wasser erhalten.

Die vorgeschlagenen Projekte würden im kleinen Rahmen beginnen, wären aber durchaus ausbaufähig. Außerdem ließen sie sich problemlos auch in anderen Gebieten mit ähnlicher Ausgangssituation umsetzen. Unser großes Ziel ist es, eine Open-Source-Plattform zu erstellen, von der zahlreiche Beteiligte lernen und in die sie investieren können.

Die Pilotprojekte sollen Ende 2018 starten.

Mit Teamwork in die Zukunft

Fünf Personen stehen vor einer dieselbetriebenen Reismühle in der Demokratischen Republik Kongo.
Diese Reismühle wird mit einem Dieselmotor angetrieben. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie man durch neue Microgrids mit sauberer Energie den Energiebedarf decken und gleichzeitig Umweltschutzziele erreichen kann.

Die Geschichte des Kongos ist von Kolonialismus, Armut und bewaffneten Konflikten geprägt. Gleichzeitig haben das politische Spannungsverhältnis und historisch bedingte Untätigkeit zum Status quo beigetragen. Eine Veränderung ist nur möglich, wenn alle am selben Strang ziehen.

Wir arbeiten nicht nur mit unseren Partnern im Kongo zusammen, sondern auch mit Experten aus der Wissenschaft, Naturschutzorganisationen, der Zivilbevölkerung und anderen privatwirtschaftlichen Unternehmen, beispielsweise den betroffenen Bergbauunternehmen sowie einigen lokalen und globalen Energie- und Technologieunternehmen. Gemeinsam versuchen wir, Ziele für Congo Power in Bezug auf Menschenrechte und Umweltschutz festzulegen und entsprechende Lösungen zu finden.

Wir unterstützen beispielsweise Forschungen des Renewable & Appropriate Energy Lab der University of California, Berkeley, das Mineralquellen im Kongo untersucht und die komplexen Beziehungen zwischen sauberer Energie, Umweltschutz, wirtschaftlicher Unabhängigkeit und Konflikten analysiert.

Congo Power steckt noch in den Kinderschuhen. Wir sind gespannt, welche Ergebnisse unsere Pilotprojekte erzielen werden und was wir in Zukunft noch erreichen können. Mit unseren Partnerschaften und gemeinsamen Projekten werden wir die Einwohner des Kongos auch weiterhin unterstützen und nach neuen Möglichkeiten suchen, unser gemeinsames Ziel eines konfliktfreien Rohstoffabbaus zu erreichen.