Umweltprojekte

Positive Energie: Die Solaranlage in Belgien ist die erste, die direkt an ein Google-Rechenzentrum angeschlossen ist

September 2018
Ein Feld mit angrenzenden Solarkollektoren aus der Vogelperspektive

Was tut man, wenn man ein Rechenzentrum betreibt, das sich der Steigerung seiner Energieeffizienz verschrieben hat, aber bereits eines der energieeffizientesten Rechenzentren der Welt ist? Ganz einfach – man produziert seine eigene Energie.

Zu diesem Schluss kamen die Ingenieure des Google-Rechenzentrums in Saint-Ghislain in Belgien, als sie 2016 im Rahmen eines freiwilligen Übereinkommens mit der belgischen Regierung nach Wegen suchten, den CO2-Ausstoß des Rechenzentrums weiter zu reduzieren.

"Jedes Jahr legen wir Projekte zur Energieeffizienz vor, doch unser Standort ist bereits äußerst energieeffizient", erklärt Alain Deprez, Gebäudetechniker des 2009 eröffneten Rechenzentrums in Saint-Ghislain. "So kühlen wir beispielsweise unsere Server ohne mechanische Kühlanlagen. Unsere Gebäude werden von LED-Lampen mit Bewegungssensoren beleuchtet und wir schalten sämtliche Geräte erst dann ein, wenn es unbedingt sein muss. Wir mussten also nach neuen Wegen suchen, um unsere Energieeffizienz weiter zu verbessern."

Deprez und seine Ingenieure beschlossen, sich mit der Energiequelle der Anlage zu befassen. Sie schlugen die Einrichtung einer 2,8-Megawatt-Solaranlage vor, die Teile des vom Rechenzentrum benötigten Stroms durch erneuerbare Energien decken sollte. Die Anlage ging im Oktober 2017 mit 10.655 bodenmontierten Solarkollektoren ans Netz. Dadurch wurden nicht nur das belgische Stromnetz entlastet, sondern auch die CO2-Emissionen der Anlage reduziert. Außerdem tragen erneuerbare Energien wesentlich dazu bei, die im freiwilligen Übereinkommen gesteckten Ziele zu erreichen. Besonders erfreulich ist aber auch, dass das Interesse an erneuerbaren Energien in der gesamten Region gestiegen ist – nicht zuletzt durch die Anlage.

Für Google war dieses Projekt das Erste seiner Art. Zwar sind wir bereits der weltweit größte kommerzielle Käufer von erneuerbaren Energien – 2017 konnten wir 100 % unseres Energieverbrauchs durch den Bezug erneuerbarer Energie decken –, doch die Solaranlage in Saint-Ghislain ist die erste Anlage, die wir direkt auf dem Gelände eines Rechenzentrums gebaut haben.

Initiative ergreifen

Schon seit Langem verfolgen wir offensive Initiativen, um die Energieeffizienz in unseren Rechenzentren zu verbessern. Durch verschiedene Technologien, wie zum Beispiel ein fortschrittliches Kühlungssystem, intelligente Temperaturregler und maschinelles Lernen ist es uns gelungen, den Jahresdurchschnitt unseres PUEs für alle unsere Rechenzentren auf 1,11 zu reduzieren. Der Industriedurchschnitt liegt derzeit bei 1,7.1 Konkret bedeutet das, dass unsere Standorte für Bereiche, in denen Rechenzentren typischerweise viel Energie benötigen, also zum Beispiel für Beleuchtung, Kühlung und Stromverteilung, durchschnittlich sechsmal weniger Strom aus Oberleitungen benötigen als andere Unternehmen der Branche.

2017 wurde in unserem Rechenzentrum in Saint-Ghislain ein durchschnittlicher PUE von 1,09 gemessen – einer der besten Werte unserer Rechenzentren. Er wurde durch Innovationen erreicht, mit denen sich Energiequellen effektiver nutzen lassen. Wie die meisten unserer Rechenzentren, nutzen wir auch für diesen Standort verdunstetes Wasser, um die Server zu kühlen. Statt Trinkwasser wird in Saint-Ghislain jedoch Wasser aus einem nahegelegenen Industriekanal entnommen, aufbereitet und dann in die Kühltürme eingespeist. Dank dieses Kühlungssystems ist der Standort das erste Google-Rechenzentrum weltweit, das komplett ohne energieintensive mechanische Kühlung auskommt. Seit Kurzem wird dem Wasser in den Kühltürmen außerdem CO2 zugeführt, um den pH-Wert des Wassers zu regulieren. Dadurch kann das Kühlwasser anstatt zweimal bis zu viermal wiederverwendet werden, bevor es entsorgt wird.

Diese Anstrengungen sind nicht unbemerkt geblieben. 2018 wurde unser Rechenzentrum in Saint-Ghislain durch die Europäische Kommission mit dem Preis für sparsame Rechenzentren des EU Verhaltenskodex für Energieeffizienz in Rechenzentren (EU Code of Conduct for Energy Efficiency in Data Centers Award) ausgezeichnet. Der Standort gehört zu den zehn Top-Performern der letzten zehn Jahre, und zwar in der Kategorie "große Rechenzentren".

Ein großer Serverraum ist hell erleuchtet.
Energiesparende Initiativen in unserem Rechenzentrum in Belgien tragen zu dessen PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) von 1,09 bei. Dieser Wert gehört zu den besten aller Google-Rechenzentren.

Obwohl das belgische Zentrum schon lange auf Nachhaltigkeit setzt, war der Bau einer Anlage für erneuerbare Energie doch etwas ganz anderes. Und obwohl wir bei Google bereits 100 % unseres Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien beziehen, hatten wir bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Energieanlage vor Ort installiert. Das hatte mehrere Gründe.

Erstens ist der ideale Standort für ein Rechenzentrum nicht zwangsläufig der richtige Ort für die Gewinnung von Wind- oder Solarenergie. Zweitens erfordert eine Wind- oder Solarenergieanlage, die groß genug ist, ein ganzes Rechenzentrum zu versorgen, ein riesiges Gelände in direkter Nähe. Dies ist selten der Fall. Und schließlich erfolgt die stabile Stromabgabe durch erneuerbare Energie nicht 24 Stunden am Tag. Unsere Rechenzentren hingegen sind rund um die Uhr in Betrieb. Selbst wenn eine nahegelegene Wind- oder Solaranlage genug Energie für eines unserer Rechenzentren produzierte, müsste die Anlage trotzdem am herkömmlichen Stromnetz angeschlossen bleiben, um unseren Kunden zuverlässigen 24-Stunden-Service bieten zu können.

Da wir unserer Selbstverpflichtung, 100 % erneuerbare Energien zu nutzen, trotzdem nachkommen möchten, setzen wir weiterhin auf unsere Strombezugsverträge. Das sind großangelegte, langfristige Direktverträge mit Produzenten von Wind- und Solarenergie.

Die Ingenieure in Saint-Ghislain sprachen sich hartnäckig für ihr Projekt aus und betonten, dass auch durch kleine Projekte negative Auswirkungen auf die Umwelt verringert werden können. Auch wenn die Solaranlage nur einen kleinen Teil des tatsächlichen Strombedarfs des Standortes abdeckt, entlastet sie das örtliche Stromnetz doch immens. Die Kollektoren produzieren jährlich genug Elektrizität, um die Wasseraufbereitungsanlage des Rechenzentrums zu versorgen und sowohl den Energiebedarf als auch die CO2-Bilanz des Standorts zu reduzieren.

"Als Bürger Belgiens nehmen wir unsere Verantwortung sehr ernst und wollen unseren Teil zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen", erklärt Deprez. "Selbst der kleinste Beitrag zur Reduzierung unseres betrieblichen Energieverbrauchs ist von Bedeutung."

Für die Initiatoren war es aber auch wichtig, dass dieses 3-Millionen-Euro-Projekt finanziell sinnvoll ist und einen angemessenen Return on Investment bietet.

Andrew Hyland, Public Policy and Government Relations Manager für alle europäischen Google-Rechenzentren, betont: "Dieses Projekt war besonders interessant, da es von den Mitarbeitern vor Ort initiiert und umgesetzt wurde. Sie haben auf lokaler Ebene hart für das Projekt gekämpft, da sie sein Potenzial von Anfang an erkannten. Sie haben nicht aufgegeben, bis es endlich Realität wurde."

Zwei Menschen stehen vor großen Solarkollektoren auf einem Feld.
Der geschätzte Ertrag an erneuerbaren Energien dieser 10.665 bodenmontierten Solarkollektoren beträgt 2,9 Gigawattstunden pro Jahr.

Neuer Aufschwung für erneuerbare Energien vor Ort

Projekte wie die Anlage in Saint-Ghislain haben einen interessanten Nebeneffekt: Sie führen dazu, dass das Thema erneuerbare Energien in den jeweiligen Gemeinden wieder in den Fokus rückt.

"Wir gingen am Anfang davon aus, dass es sich um ein relativ kleines Projekt handeln würde", so Hyland. "Doch kurz vor der Eröffnung wurde uns klar, dass die Anlage doch vergleichsweise groß ist. Tatsächlich gehört sie zu den drei größten Solaranlagen im wallonischen Teil Belgiens. Für die Region ist das von großer Bedeutung, da wir nicht nur in unser Rechenzentrum investiert haben, sondern auch in eine hochmoderne Solaranlage."

Durch Projekte wie dieses übernehmen Saint-Ghislain und ganz Belgien eine Vorreiterrolle in der digitalen Branche – ihre Expertise im Digitalbereich und bei der Umweltinfrastruktur macht sie auch für andere große Technologieinvestoren als Standort attraktiv.

Die Solaranlage macht unser Engagement im Bereich erneuerbare Energien deutlich sichtbar. "Sobald man sich dem Rechenzentrum nähert, sieht man die Solarkollektoren", sagt Deprez. "Die Anlage ist somit viel greifbarer als jeder Windpark in der Nordsee, der von kaum jemandem gesehen oder überhaupt mit Google in Verbindung gebracht wird. Zwar ist die Solaranlage vor Ort relativ klein, doch sie ist sichtbar und zeigt den Menschen, dass wir unseren Worten auch Taten folgen lassen."

So wird das Interesse an erneuerbaren Energien auch bei Einwohnern und Lokalpolitikern geweckt. Hyland nennt als Beispiel einen Windpark in den Niederlanden, den Google bereits zwei Jahre vor seiner Inbetriebnahme angekündigt hatte. "Ich habe die Gemeinde noch einmal besucht, nachdem die Farm eröffnet wurde", erzählt Hyland. "Im Vergleich zu meinem Besuch zwei Jahre zuvor waren Lokalpolitiker viel interessierter daran, Menschen bei der Gewinnung ihrer eigenen erneuerbaren Energien zu helfen. Das gesteigerte Interesse führt dazu, dass auch die Zahl an Förderanträgen für erneuerbare Energieprojekte zugenommen hat."

Weil die Anlage in Saint-Ghislain relativ neu ist, lässt sich noch nicht abschätzen, ob die Gemeinde dort genauso reagiert. Das belgische Team ist jedoch optimistisch.

Feld mit angrenzenden Solarkollektoren.
Der Solarpark produziert jährlich genug Energie, um die Wasseraufbereitungsanlage des Rechenzentrums zu betreiben.

Das Solarprojekt zeigt uns außerdem, wieviel Einfluss Technologieunternehmen auf die Gestaltung unserer energetischen Zukunft haben können, wenn sie selbst neue, bessere Wege gehen.

"Das Wirtschaftswachstum der digitalen Branche ist eng verbunden mit der schnellen Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien", sagt Fabien Vieau, Chef für Energiemarktentwicklung bei Google. "Unsere grüne Energiepolitik ist ein deutliches Beispiel dafür. So haben wir zum Beispiel den Grundstein für neue Strukturen bei Unternehmensverträgen mit Produzenten von erneuerbaren Energien gelegt. Außerdem haben wir vor Kurzem eine Solaranlage auf dem Gelände eines Rechenzentrums gebaut. Wir müssen uns immer wieder fragen, was wir noch tun können, – und dann machen wir einen Schritt nach vorne.

"Bei Google lautet die große Frage jetzt: Was kommt als Nächstes?"

1 Laut Uptime Institute 2014 Data Center Industry Survey lag der globale durchschnittliche PUE-Wert der größten Rechenzentren der Befragten bei ca. 1,7.